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Industrie 4.0: Netzwerken für KMU

Es herrscht die Zeit des Handelns. In allen Branchen und über alle Unternehmensgrößen hinweg. Mit Buzzwords wie Digitalisierung, Digitalem Wandel, Digitaler Revolution oder eben Industrie 4.0 wird man geradezu überflutet, so dass man sich einerseits kaum entziehen kann und andererseits eine sehr heterogene Meinung über deren Bedeutung und Sinnhaftigkeit herrscht. Aber woher kommt das?

Bis vor einigen Jahren hat man statt dieser Buzzwords mehr Unternehmerweisheiten in Form von Glaubenssätzen verinnerlicht, z.B. „Der Gewinn liegt im Einkauf“. Gemeint waren Erfolgsstrategien, die einem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen sollten. Doch heute sind auch die Zeiten immer kleiner werdender Gewinnmargen, steigenden Energie- und Lohnkosten sowie immer höherem Zeit- und Kostendruck. Also wurden alle an der Beschaffung und der Produktion beteiligten Prozesse perfektioniert um letzte Einsparmöglichkeiten zu realisieren. Nach der Automatisierung folgte die Digitalisierung. Und in dieser Zeit leben wir gerade. Was lange Zeit jedoch nur mit entsprechend hohem technischen und finanziellen Aufwand, und damit hauptsächlich großen Unternehmen oder Konzernen vorbehalten war, macht heute auch vor kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht halt. Längst gibt es Technologien, die es Unternehmen aller Branchen und Größen ermöglichen, ihre Prozesse End-2-End, also firmenübergreifend zu digitalisieren oder outzusourcen – theoretisch.

Die Digitale Transformation besteht nun jedoch darin, diese Prozesse miteinander zu verzahnen und auch die Unternehmensbereiche mit einzubeziehen, die bislang weitestgehend vom Optimierungshype verschont geblieben sind. Es geht meist um die Verwaltung, das Backoffice, den gerne so charmant als Wasserkopf bezeichneten Teil eines Unternehmens und damit um die durchgängige Nutzung digitaler Technologien.

Die Herausforderung

Was mit entsprechenden Experten im Unternehmen im Rahmen eines Projektes durchaus umsetzbar ist, stellt vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels kleine und mittelständische Unternehmen vor große, teils völlig fachfremde Aufgaben. Möchte beispielsweise eine aufstrebende Firma heute Geschäftsbeziehungen zu internationalen Unternehmen aufbauen, so müssen neben den Themen Compliance, internationales Recht und Supply Chain auch die Modalitäten der Rechnungstellung diskutiert werden, denn diese werden immer mehr in digitaler Form gefordert. Es gehört also inzwischen dazu, dass beispielsweise eine Käserei sich aufgrund des Kundendrucks mit der Vielzahl an Datenübertragungskanälen, elektronischen Rechnungsformaten und revisionssicherer elektronischer Langzeitarchivierung auseinandersetzen muss. Denn inzwischen sind die Zeiten vorbei, in denen digitale Rechnungsinformationen auf Papier ausgedruckt und über den Postweg verschickt wurden – nur um sie beim Empfänger aufwändig als digitale Daten wieder zu erfassen. Das Buzzword „E-Invoicing“ wurde geboren – allerdings ist eine elektronische Rechnung nur ein Dokumentenformat in einem mehrstufigen Prozess. Der Geschäftsprozess von Angebot > Bestellung > Lieferavis > Rechnung > Gutschrift > Mahnung beinhaltet noch zahlreiche weitere Dokumententypen. Nimmt man zusätzlich noch die Ausschreibung zu Beginn und die Bezahlung an das Ende des Prozesses, spricht man von „Purchase-2-Pay“, ein weitaus treffenderer Begriff. Je Dokumententyp sind unterschiedlichste Dokumenten- und Datenformate sowie Übertragungswege zu diskutieren und dann auch zu realisieren – je Geschäftspartner, versteht sich. So entsteht ein bunter Blumenstrauß an neuen Herausforderungen in der Digitalen Transformation.

Was alleine beim E-Invoicing schon sehr komplex ist, wird über alle Dokumententypen hinweg eine Herausforderung. Da Kunden und Lieferanten jedoch bereits elektronische Verfahren fordern, kann sich kein Unternehmen dessen weiter verschließen. Es bleibt die Frage, wie man sich diesen Herausforderungen im digitalen Wandel stellt und mit welchem Aufwand dies verbunden ist.

Das Kaleidoskop des E-Invoicing

Um es gleich vorweg zu nehmen – die Eine Lösung für alle gibt es nicht. Die Gründe dafür sind einfach. Beim Austausch von Transaktionsdokumenten hat jede Branche ihre eigenen Erfordernisse. Außerdem kommen unterschiedlichste Softwaresysteme zum Einsatz, die in vielen Fällen individualisiert und angepasst wurden. Die Folge ist eine schier unüberschaubare Anzahl von Datenformaten mit unterschiedlichsten Anforderungen, die jeweils zwischen Sender und Empfänger vereinbart werden müssen. An dieser Tatsache ändern auch die zahlreichen Standardformate nichts, unabhängig davon, ob es sich um das seit Jahrzenten etablierte EDIFACT, das iDoc von SAP oder das noch sehr junge ZUGFeRD-Format mit seinen drei Ausbaustufen handelt. Im Rahmen des E-Rechnungsgesetzes steht nun auch noch die X-Rechnung als Standard für Behörden im Raum. In Kürze werden Behörden in Deutschland Rechnungen elektronisch empfangen wollen, so wie es im europäischen Ausland beispielsweise mit ebInterface in Österreich, Fattura PA in Italien und e-Fatura in Spanien bereits Realität ist. BeNeLux und Nordics setzen bereits auf PEPPOL.

Und zu guter Letzt ist Papier zwar antiquiert aber auch ebenso bewährt und mittelfristig nicht vollständig zu eliminieren. Es bedarf also einer dedizierten Steuerung, welcher Empfänger welches Datenformat mit welchen Besonderheiten erhalten soll und Eingangsseitig braucht es verlässliche Werkzeuge bzw. Dienstleister, die auch Papier und E-Mails in den digitalen Prozess einspeisen.

Wer sich also auf das Abenteuer der vollständigen Digitalisierung seiner Geschäftsdokumente einlässt, der benötigt sowohl für den heterogenen Dokumenten-Ausgang als auch für den nicht minder komplexen Dokumenten-Eingang eine Vielzahl an Spezialisierungen – nicht nur in technologischer Hinsicht, sondern vor allem auch im Bereich von Geschäftsprozessen und Compliance. Eine Aufgabenvielfalt, die ein kleines oder mittelständisches Unternehmen an seine Grenzen bringt.

Outsourcing als Lösungsansatz

Selbstverständlich gibt es dafür Lösungen! Die Technologie des elektronischen Multichannel Dokumenten- und Datenaustauschs kann von externen Spezialisten übernommen werden. Die am Markt etablierten Unternehmen sorgen in der rein technologischen Vielfalt für einfache Verfahren und eine sehr hohe Automatisierung. Und auch für Compliance- und Rechtsfragen gibt es verlässliche Experten – beispielsweise für die Besonderheiten einer elektronischen Langzeitarchivierung und interne Kontrollprozesse. Hochleistungsdruckzentren für die effiziente Produktion und den portooptimierten Versand von Briefpost kennt jedes Unternehmen bereits. Die Bündelung all der vorbenannten Kompetenzen zu einem tragfähigen Wertschöpfungsnetzwerk ist die Aufgabe unserer Zeit. Die Erfahrung zeigt, dass es lohnenswert ist, sich diesem Abenteuer nicht zu verwehren, denn es geht um geschäftsrelevante Einsparpotentiale, die mit etwas Engagement auch von kleinen und mittleren Unternehmen in zunehmendem Maße umgesetzt werden.

Die Bedeutung für Lösungsanbieter

Der Markt an Lösungsanbietern – sogenannte E-Invoicing Provider – hat sich in den letzten Jahren stark bereinigt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Geschäftsmodelle oft zu kurz gedacht waren und den realen Anforderungen von Unternehmen nicht gerecht wurden. Die Erkenntnis daraus ist, dass Insellösungen und 1:1 Beziehungen nicht dauerhaft funktionieren. Deshalb schließen sich die verbliebenen ehemaligen Konkurrenten mehr und mehr zu Wertschöpfungsnetzwerken zusammen und bilden dadurch ganzheitliche Lösungen für ihre Kunden. Diese Angebote bestechen heute durch einen einfachen Einstieg, eine einfache Benutzung und vor allem durch ihre Massenfähigkeit. Auch Roaming mit Teilnehmern fremder Netzwerke ist inzwischen möglich. Man könnte sagen, E-Invoicing ist erwachsen geworden.

Fazit

  • Die digitale Revolution ist in vollem Gange und vernetzt Unternehmen untereinander auf sehr effektive Weise und senkt Prozesskosten nachhaltig.
  • Die Digitalisierung schafft medienbruchfreie Prozesse bei transparenten Kosten.
  • Die Betrachtung der Rechnung allein im mehrstufigen Purchase-2-Pay-Prozess geht an der Realität vorbei. Statt E-Invoicing sollte der ganzheitliche Dokumenten- und Datenaustausch zwischen Unternehmen im Fokus jedes Unternehmens stehen.
  • Anschluss an bereits vorhandene Wertschöpfungsnetzwerke sorgt für effektives Outsourcing bei gleichzeitiger Kostensenkung.
  • Das Unternehmen von morgen überlebt durch Kooperation.

Die Zeit der autonomen Einzelkämpfer im Markt ist vorbei. Wettbewerbsvorteile und selbst Wissensvorsprünge erreichen und behalten Unternehmen nicht mehr durch inhouse realisierte Insellösungen, sondern – im Gegenteil – in Zukunft verstärkt durch mehr Offenheit und aktives Netzwerken. Es geht um neue Stufen der Zusammenarbeit mit Zulieferern und Kunden – und auch mit Wettbewerbern.

Gastbeitrag von Dieter Keller und Alexander Lenz, b4value.net GmbH und Mitbegründer des TRAFFIQX® Network

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